Geistige Stellungnahme


Geistig Stellung zur Psyche nehmen – Geist kann Psyche verändern

Die Dinge, Gefühle, Gedanken, Umstände, Geschehnisse, Menschen etc., mit denen wir im Laufe unseres Lebens zu tun haben, sind so wie sie sind. Das ist so! Aber auch wenn manches sehr unangenehm und belastend sein mag, so hängt unsere Befindlichkeit doch immer auch davon ab, wie wir geistig dazu Stellung nehmen. Es ist deshalb oft erforderlich – insbesondere in schweren Lebenssituationen – auf das, was ist, nicht nur passiv psychisch zu reagieren, sondern auch aktiv geistig zu agieren – also engagiert eine lebensdienliche Haltung und Einstellung dazu zu entwickeln und einzunehmen.

Beispiel: Wenn ich mich z.B. einsam fühle, dann ist das so. Das Gefühl von Einsamkeit ist, wie jedes andere Gefühl auch, eine Reaktion meiner Psyche. Ein angenehmes Gefühl ist die Reaktion auf ein erfülltes Bedürfnis. Ein unangenehmes Gefühl ist die Reaktion auf ein unerfülltes Bedürfnis. Wenn ich mich also einsam fühle, dann ist das so, aber es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen:

1. Möglichkeit: Ich nehme geistig nicht Stellung zu meiner Befindlichkeit. Meine Psyche fühlt sich dem Gefühl der Einsamkeit einfach nur hilflos ausgeliefert und kreist ständig gedanklich um es herum. Z.B. in dem ich jammere; darüber nachdenke, wie schrecklich das Gefühl für mich ist; wie ungerecht es ist, dass sich meine Freunde und Bekannten nicht öfter bei mir melden etc. Durch diese nicht lebensdienliche Fokussierung verstärkt sich das unangenehme Gefühl, und meine Befindlichkeit verschlechtert sich. Die Folge ist meist, dass ich mehr oder weniger passiv abwarte, bis es mir irgendwann wieder besser geht, sodass ich mich unter Umständen über Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre immer mehr von den Gefühlen der Einsamkeit und Hilflosigkeit prägen lasse. So besteht die Gefahr, dass ich immer mehr zu einer sich einsam und hilflos fühlenden Person werde. Was wiederum viele andere negative Folgen nach sich ziehen kann. Wie z.B. sozialer Rückzug, Ängste, Depressionen, Selbstwertschwächung, negative Grundhaltung etc.

2. Möglichkeit: Ich nehme geistig aktiv Stellung zu meiner Befindlichkeit. Die menschenwürdigere, sinnvollere Möglichkeit ist es, in allen Lebenslagen – und seien sie auch noch so schwer – zu dem, was ist (zu den Geschehnissen) geistig aktiv Stellung zu beziehen. Und zwar auf sinnvolle, gewissenhafte, verantwortungsvolle, lebensdienliche und angemessene Art und Weise. Geistig Stellung zu meiner Befindlichkeit (Einsamkeit) zu beziehen, bedeutet, mich auf sinnvolle, lebensdienliche Art und Weise rational- und emotional-intelligent damit auseinanderzusetzen. In etwa so: Ich fühle mich einsam! Auf welches unerfüllte Bedürfnis kann ich dieses Gefühl zurückführen? Denn das Gefühl ist ja die Reaktion meiner Psyche auf ein unerfülltes Bedürfnis! Aha, mein Bedürfnis nach Kontakt ist gerade unerfüllt. Ich habe also das Bedürfnis nach Kontakt. Welche Strategie (Bewältigungsstrategie) ist für die Erfüllung des unerfüllten Bedürfnisses angemessen, sinnvoll, lebensdienlich etc.? Ich glaube, ich rufe mal einen Freund/eine Freundin an und lade ihn/sie am Wochenende zu mir nach Hause zum Essen ein. Das Gefühl der Einsamkeit habe ich auf diese Weise sinnorientiert und lebensdienlich aufgefasst. Ich bin nicht das passive, abwartende, untätige Opfer in meinem Leben sondern aktiver, engagiert handelnder Gestalter.

Im vorangegangenen Beispiel wurde erkannt, dass das Gefühl der Einsamkeit auf das unerfüllte Bedürfnis nach Kontakt aufmerksam gemacht hat. Auch wurde daraufhin eine angemessene Idee ersonnen, mit der das unerfüllte Bedürfnis zumindest potenziell in Erfüllung geführt werden kann. Nämlich einen Freund oder eine Freundin zum Essen einzuladen.

Eine adaptive also angemessene, sozialkompetente, rational- und emotional-intelligente, sinnvolle Vorgehensweise (Bewältigungsstrategie) wäre dann z.B. einen Freund/eine Freundin anzurufen: „Hallo Tanja, ich würde mich freuen, wenn wir uns bald mal wiedersehen und möchte dich fragen, ob du am kommenden Wochenende Lust und Zeit hast, zu mir zum Essen zu kommen. Anschließend können wir vielleicht noch im Stadtwald spazieren gehen etc.“

Diese Einladung ermöglicht zumindest potenziell, dass mein Bedürfnis nach Kontakt Erfüllung finden kann, weil es ja sein kann, dass Tanja sich über die Einladung freut und gerne kommt. Darüber hinaus wird die Freundschaft positiv geprägt. Die Einsamkeit habe ich auf diese Weise als hilfreiches Signal und Aufforderung aufgefasst. Als Signal, das mich darauf aufmerksam macht, dass mein Bedürfnis nach Kontakt unerfüllt ist und als Aufforderung, mich um dieses unerfüllte Bedürfnis zu kümmern. Daraufhin habe ich mein Bestes getan, um für die Erfüllung des Bedürfnisses angemessen zu sorgen.

Eine maladaptive, also unangemessene, sozial unverträgliche, rational- und emotional unintelligente Vorgehensweise (Bewältigungsstrategie) wäre z.B. folgende Variante eines Anrufs gewesen: „Hallo Tanja, du meldest dich ja auch gar nicht mehr bei mir – und so weiter…“ Diese manipulative, schuldzuweisende Vorgehensweise bewirkt im günstigsten Fall, dass sich Tanja dazu genötigt fühlt, sich mal wieder bei mir blicken zu lassen. Mein Bedürfnis nach Kontakt findet dabei vermutlich keine wirkliche Erfüllung. Eventuell lässt sich Tanja die vorwurfsvolle, schuldzuweisende Art und Weise aber auch erst gar nicht gefallen und zieht sich künftig noch mehr zurück. Die Freundschaft wird dadurch also eher negativ geprägt. Das Gefühl der Einsamkeit hätte ich in diesem Fall zwar auch als Signal erkannt, mich um mein Bedürfnis nach Kontakt zu kümmern, aber durch die maladaptive – also unangemessene – Bewältigungsstrategie wäre die Erfüllung des Bedürfnisses nicht begünstigt worden, sondern eher erschwert. Das Gefühl der Einsamkeit wäre vermutlich in Zukunft eher schlimmer geworden. Die Verantwortung für die Erfüllung meines Bedürfnisses hätte ich auf diese Art und Weise nicht selbst übernommen, sondern einen anderen dafür verantwortlich gemacht.

Angemessen (hilfreich) zu agieren bedeutet also, so zu handeln, dass meine Bedürfnisse möglichst Erfüllung finden können. Unangemessen (schädlich) zu handeln bedeutet, so zu handeln, dass die Erfüllung meiner Bedürfnisse dadurch erschwert wird und meine Probleme dabei eher vergrößert werden.

Im vorangegangenen Beispiel wurde erkannt, dass das Gefühl der Einsamkeit auf das unerfüllte Bedürfnis nach Kontakt aufmerksam gemacht hat. Auch wurde daraufhin eine angemessene Idee ersonnen, mit der das unerfüllte Bedürfnis zumindest potenziell in Erfüllung geführt werden kann. Nämlich einen Freund oder eine Freundin zum Essen einzuladen. Außerdem wurde eine adaptive, angemessene (hilfreiche) Bewältigungsstrategie angewendet, die diese Idee bestmöglich sowie sinnvoll und zielführend unterstützt.

Das Beispiel ist übertragbar auf alle Situationen, die für uns unangenehm, schmerzhaft, belastend, beängstigend, stressend etc. sind. Ganz egal, ob Dinge, Gefühle, Gedanken, Umstände, Geschehnisse, Menschen, Schicksalsschläge etc. uns belasten, es gibt immer die im zuvor genannten Beispiel aufgezeigten zwei Möglichkeiten.

1. Möglichkeit: Ich nehme geistig nicht Stellung zu meiner Befindlichkeit. Ich setze mich mit der Situation und meinen Gefühlen nicht konstruktiv, eigenverantwortlich, lebensdienlich, sinnvoll, gewissenhaft, verantwortungsvoll, angemessen etc. auseinander. Psychisch fühle ich mich dem gegenüber einfach nur hilflos ausgeliefert, und meine Gedanken kreisen ständig sinnlos darum herum. Ich fühle mich nicht verantwortlich für meine Situation und Befindlichkeit.

2. Möglichkeit: Ich nehme geistig aktiv Stellung zu meiner Befindlichkeit. Geistig aktiv Stellung zu allem zu beziehen, bedeutet, sich auf sinnvolle, lebensdienliche, eigenverantwortliche, gewissenhafte, verantwortunsvolle Art und Weise sozialkompetent, rational- und emotional-intelligent damit auseinanderzusetzen und eine entsprechende Haltung und Einstellung dazu einzunehmen. Ich fühle mich verantwortlich für meine Situation und Befindlichkeit.

• Ich verstehe meine Situation als Lernaufgabe, als Aufforderung oder Herausforderung, trotz allem nach vorne zu blicken und das Beste daraus zu machen.

• Ich fasse meine Gefühle als hilfreiche Signale und Wegweiser auf.

• Ich erkenne, auf welche unerfüllten Bedürfnisse meine unangenehmen Gefühle verweisen.

• Ich gebe daraufhin mein Bestes, um meine unerfüllten Bedürfnisse nach Möglichkeit erfüllen zu können – eigenverantwortlich.

• Ich wende dafür adaptive, also angemessene, hilfreiche, sozialverträgliche, rational- und emotional intelligente, sinnvolle, gewissenhafte, verantwortungsvolle, gesunde Bewältigungsstrategien an.

• Vorgehensweisen, die die Erfüllung meiner Bedürfnisse erschweren oder sogar verhindern, setze ich ganz bewusst nicht ein. Solche ungeeigneten, dysfunktionalen Bewältigungsstrategien sind in der Regel auf psychische Reaktionsmuster zurückzuführen. Es geht also darum, in schwierigen Situationen jenseits meiner psychischen Reaktionsmuster zu handeln und bewusst aktiv zu einer lebensdienlichen, geistigen Stellungnahme und Haltung (Einstellung) zu finden, die meine Situation in einem helleren Licht erscheinen lässt.

• Ich nehme geistig – aus einer Distanz zu meinen psychischen Mustern, Prägungen, Befindlichkeiten, Überzeugungen, Gedanken und Gefühlen – Stellung zu dem, was ist.


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